Im Zusammenhang mit der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus grenzüberschreitenden Sachverhalten stellt sich zunächst immer die Frage, die Gerichte welchen Staates zuständig sind. Für „Zivil- und Handelssachen“ innerhalb der Mitgliedstaaten der EU finden sich die wesentlichen Bestimmungen hierzu in der „Europäischen Gerichtsstand- und Vollstreckungsverordnung“ (EuGVVO).
Bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern sieht Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Verbrauchers vor, wenn der Unternehmer zwar keine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in diesem Staat ausübt, diese aber auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers „ausrichtet“ und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
Nun ging man bislang davon aus, dass die genannte Bestimmung nur dann zur Anwendung gelangt, wenn der Vertrag im Fernabsatz, also beispielsweise per Telefon oder über das Internet, geschlossen wurde. Damit hatten all jene Unternehmer, die zwar über eine Homepage verfügen, aber keinen Onlineshop betreiben und Verträge nur in ihren Geschäftsräumen abschließen, den Verbrauchergerichtsstand im Ausland nicht zu fürchten.
Dem machte der EuGH mit zwei jüngeren Entscheidungen ein Ende (C-190/11 und C-218/12). Er stellte auf ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen klar, dass Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO keinen Vertragsabschluss im Fernabsatz verlangt.
Demnach müssen sich nunmehr alle Unternehmer, die über eine Homepage verfügen und Verträge mit Verbrauchern schließen, die Frage stellen, ob sie ihre Tätigkeit auch auf andere Mitgliedstaaten der EU „ausrichten“ und ob sie daran – angesichts des Risikos, von Verbrauchern beispielsweise in Bulgarien, Deutschland, Italien, Portugal, Rumänien oder Zypern geklagt zu werden und Klagen gegen Verbraucher in diesen Staaten einbringen zu müssen – etwas ändern wollen.
Da Gerichtsstandvereinbarungen mit Verbrauchern nach Art. 17 EuGVVO nur in sehr engen Grenzen zulässig sind, kann dieser Problematik durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht begegnet werden.
Somit bleibt zu prüfen, wann ein „Ausrichten“ der Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers vorliegt. Ein solches ist umso eher anzunehmen, je eher der Wille des Unternehmers erkennbar ist, Verbraucher im betroffenen Mitgliedstaat als Kunden zu gewinnen. Dass eine Homepage auch vom Ausland abrufbar ist, reicht hierfür nicht aus. Vielmehr ergibt sich aus der bisherigen Judikatur des EuGH (C-585/08 und C-144/09) eine Art bewegliches System, in dem unter anderem (aber nicht ausschließlich) folgende Kriterien von Bedeutung sind: Internationaler Charakter der Tätigkeit, Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl, Verwendung einer anderen Top-Level-Domain als der des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, Wiedergabe von Anfahrtsbeschreibungen von anderen Mitgliedstaaten aus, Erwähnung internationaler Kundschaft sowie Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der im Mitgliedstaat des Unternehmers üblicherweise verwendeten.
Erforderlichenfalls sind auf dieser Basis die notwendigen Anpassungen der Homepage vorzunehmen, um auf den mangelnden Willen des Unternehmers zum Vertragsabschluss mit dem ausländischen Verbraucher hinzuweisen. Dabei wird das Verwenden eines Disclaimers (z.B. „Das Unternehmen richtet seine Tätigkeit nur auf Österreich aus.“) nur dann zielführend sein, wenn die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Unternehmers dem nicht widerspricht.