Wirksames Wohnungseigentum?

Die Begründung von Wohnungseigentum bedeutet, dass einem bestimmten Anteil an der Liegenschaft ausgewählte Räume und Flächen „zugeordnet“ werden, die ausschließlich vom Mit- und somit Wohnungseigentümer dieses Anteiles benutzt werden dürfen. Alle „zugeordneten“ Räume werden als Wohnungseigentumsobjekt (z.B. Top 01) bezeichnet und im Grundbuch zum jeweiligen Mit- und Wohnungseigentümer vermerkt. Auf diese Weise können etwa in einer Wohnanlage die einzelnen Wohnungen den jeweiligen Wohnungseigentümern zugewiesen werden.

Ein solches Wohnungseigentumsobjekt muss aus einem oder mehreren, miteinander verbundenen, abgeschlossenen Räumen bestehen.

Nun sind etwa Keller- und Dachbodenabteile, Gärten oder KFZ-Abstellplätze nicht in jedem Fall unmittelbar mit dem Wohnungseigentumsobjekt verbunden und stellen – zumindest Gärten oder KFZ-Abstellplätze – auch keine abgeschlossenen Räume dar. Um auch diese Flächen einem Wohnungseigentümer zu seiner ausschließlichen Verwendung zuzuweisen, wird „Zubehör“ zu seinem Wohnungseigentumsobjekt gebildet. Gerade für Keller- und Dachbodenabteile aber auch Gärten besteht oftmals keine andere Möglichkeit, diese Flächen einem Mit- und Wohnungseigentümer (und nicht der Eigentümergemeinschaft) zu überlassen.

Alle Räume und Flächen, die nicht zu einem Wohnungseigentumsobjekt oder dessen Zubehör gehören, stehen allen Mit- und Wohnungseigentümern gemeinsam zu.

In der Vergangenheit wurde im Grundbuch in den überwiegenden Fällen nur das Wohnungseigentum, also etwa „Top 01“, vermerkt, nicht aber dessen Zubehör, so etwa „Top 01 inkl. Kellerabteil und Garten“. Um sich ein Bild über das Zubehör zu verschaffen, das einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt zugeordnet war, musste man die Urkunden beim Grundbuch erheben, etwa einen Blick in das Nutzwertgutachten werfen.

Nun hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Fällen klargestellt, dass das Zubehör, also ein Kellerabteil oder eine Gartenfläche, nur wirksam einem Mit- und Wohnungseigentümer bzw. seinem Wohnungseigentumsobjekt zukommt, wenn es im Grundbuch – und nicht nur in den Urkunden – entsprechend angemerkt wurde. Ansonsten handelt es sich nicht um Zubehör, sondern eine Allgemeinfläche!

Wir empfehlen allen Wohnungseigentümern, Eigentümergemeinschaften aber auch Hausverwaltungen, Bauträgern oder sonstigen Beteiligten dringend, die bestehende Situation überprüfen zu lassen, da bisher mitunter kein wirksames Zubehör begründet wurde und das Keller- und Dachbodenabteil, der Garten oder der KFZ-Abstellplatz womöglich gar von allen Wohnungseigentümern gemeinsam genutzt werden dürfte.

Gerne beraten wir Sie in dieser Angelegenheit.

 

Achtung: Mit der Wohnrechtsnovelle 2015 wurde dieses Problem überwiegend beseitigt. Bitte beachten Sie unseren aktuellen Artikel unter www.advocat-tirol.at/aktuelles-details/items/66.html.

Mit klaren Worten

Mag.jur. Philip Paumgarten

Die aktuelle Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes mag bei formalistischer Auslegung der einschlägigen Bestimmungen zutreffend sein, führt aber in der praktischen Abwicklung zu einer Rechtsunsicherheit und zahlreichen Problemstellungen. Schon die Frage, ob etwa Erwerbsvorgänge, die neben Wohnungen auch ein Kellerabteil oder eine Gartenfläche umfasst hätten, vollumfänglich abgeschlossen wurde (den Keller oder Garten hat der Erwerber womöglich bisher nicht wirksam erhalten) oder abgewickelt werden können (der Veräußerer hat kaum weitere Einflussmöglichkeiten, „seinen“ Keller oder Garten „wirksam“ zu bilden) zeigt das Konfliktpotential dieser Rechtsentwicklung.

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