Haftungen einer 12-Jährigen für Schiunfall

Unmündige, also Kinder unter 14 Jahren, haften grundsätzlich nicht für den von Ihnen verursachten Schaden, da ihnen die nötige Einsicht fehlt.

Wenn der Schaden auf der schuldhaften Unterlassung der erforderlichen Aufsichtspflicht beruht, wird unter Umständen der Aufsichtspflichtige haftbar.

Erhält der Geschädigte von der Aufsichtsperson aber mangels Verschulden keinen Ersatz, kann der Unmündige ausnahmsweise zur Haftung herangezogen werden, wobei die Ersatzpflicht von nachstehenden drei Faktoren abhängig ist und auch teilweiser Schadenersatz angeordnet werden kann (Billigkeitsentscheidung):

  • Kann dem Unmündigen nicht doch ein Verschulden zur Last gelegt werden, da auch Kinder in der Lage sind, gewisse Gefahren zu begreifen?
  • Hat der Geschädigte aus Rücksicht auf den Unmündigen die Verteidigung seiner Güter unterlassen?
  • Wer (Geschädigter oder Schädiger) ist leichter im Stande, den (finanziellen) Schaden zu tragen?

 

In einer jungen Entscheidung des OGH vom 17.10.2012 hat dieser die volle Haftung einer unmündigen 12-Jährigen für einen Schiunfall ausgesprochen.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall fuhr ein 6-jähriges Mädchen zusammen mit ihrer Mutter am äußerst rechten Pistenrand wenig schneller als Schritttempo in Pflugbögen. Das 12-jährige Mädchen näherte sich auf einem allmählich flacher werdenden, mittelsteilen Hang mit eine Geschwindigkeitvon etwa 30 km/h von hinten mit ganz kleinen Schwüngen oder überhaupt schon aufrecht fast geradeaus fahrend an. Etwa 30 m leicht schräg hinter der 6-Jährigen kam das 12-jährige Mädchen plötzlich zu Sturz, wobei die Sturzursache nicht festgestellt werden konnte. Sie rutschte fast ungebremstvon hinten in das langsam fahrende Mädchen hinein, wodurch dieses stürzte und erhebliche Verletzungen erlitt.

Der Unfall ereignete sich auf einer sehr harten Kunstschneepiste mit eisigen Stellen, guter Sicht, äußerer Dunkelheit, aber eingeschalteter Flutlichtanlage.

Sämtliche geltend gemachten Schadenersatzansprüche sind bei Feststellung des Verschuldens der 12-Jährigen durch eine Haftpflichtversicherunggedeckt.

 

Der OGH kann ausgehend von diesem Sachverhalt zum Ergebnis, dass der 12-Jährigen eine Sorgfaltswidrigkeit zur Last zu legen ist. Die Einhaltung einer Geschwindigkeit von 30 km/h auf einer harten Kunstschneepiste mit eisigen Stellen begründe in Hinblick auf die auch für gute Skifahrer stets vorhandene Gefahr des Sturzes und die sich daraus ergebenden Folgen für andere Schifahrer eine Sorgfaltswidrigkeit (relativ überhöhte Geschwindigkeit).

Diese Gefahr sei auch für eine 12-jährige gute Schifahrerin erkennbar und die Gefahrenvermeidung durch Einhaltung einer geringeren Fahrgeschwindigkeit oder eines wesentlich größeren Abstandes zumutbar.

Die Billigkeitsabwägung führe unter Berücksichtigung des keineswegs zu vernachlässigenden Verschuldens der wesentlich zu schnell fahrenden 12-Jährigen sowie der vorhandenen Haftpflichtdeckung zur vollen Haftung der Unmündigen für den dem 6-jährigen Mädchen entstandenen Schaden.

Mit klaren Worten

Dr.jur. Christina Kollar

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